Ein Urteil mit Strahlkraft erließ das Landgericht München Anfang des Jahres: So wurde eine Website-Betreiberin zur Zahlung von 100 Euro Schadensersatz angewiesen, weil sie die IP-Adresse eines Nutzers ohne dessen Zustimmung per Plugin über die Font-Library an Google in die USA übermittelt hat. Mit der Rechtssprechung rollte eine regelrechte Abmahnwelle über Deutschland, aber auch Österreich und die Schweiz werden vom Urteil des deutschen Gerichtes tangiert.
Jesse Vogt, Mitbegründer des CleverHairWebsites Services für Friseure, ist Experte auf dem Gebiet und hat sich die Zeit genommen, um einige grundlegende Fragen rund um das Thema „Google Fonts“ zu beantworten. Im nachfolgenden Interview erklärt er die Hintergründe zum Urteil und zu Google Fonts sowie Tipps, um Strafen zu vermeiden.
Kurz erklärt, worum geht es hier? Was sind Google Fonts überhaupt?
Google-Fonts sind Schriftarten, die von Google kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Es stehen hier über 1400 Schriftarten zur Verfügung. Sie sind beliebt, weil die Nutzung nach der „SIL Open Font License“ sowie der „Apache-Lizenz“ erfolgt und damit sicher und kostenfrei möglich ist. Viele Webagenturen und Webdesigner greifen deshalb auf diesen Pool von Schriftarten zurück. Auch wir nutzen diese Schriftarten bei der Erstellung von Websites für unsere Kunden. Die einfachste Möglichkeit, diese Fonts zu nutzen, ist es, sie über eine Schnittstelle von Google direkt auf der Webseite zu laden. Dadurch muss die Schriftart nicht „heruntergeladen“ und „installiert“ werden.
Was soll jetzt an der Nutzung kostenfreier Fonts illegal sein?
In der oben angesprochenen dynamischen Einbettung der Schriften. Denn werden Schriftarten nämlich nicht lokal über den eigenen Server zur Verfügung gestellt, so wird eine Verbindung mit den Servern von Google in unsichere Drittstaaten oder zu Servern von Unternehmen in unsicheren Drittstaaten hergestellt. Auf diesem Weg wird die IP-Adresse des Webseitenbesuchers übermittelt. Da die IPAdresse laut DSGVO aber unter „personenbezogene Daten“ fällt, ist damit potenziell ein Verstoß gegeben. Es ist also nicht grundsätzlich illegal, Google-Fonts zu nutzen. Die Krux liegt in der Nutzungsweise.
Was wären die Folgen einer rechtswidrigen Nutzung?
Im schlimmsten Fall kommen entsprechende Kosten von ca. 100–170 EUR auf einen zu. Das klingt im ersten Moment wie eine Kleinigkeit und deshalb bezahlen auch viele diese Forderung, ohne darüber nachzudenken. Damit ist es aber nicht getan, denn potenziell hat jeder Besucher der Webseite diesen Anspruch. Eine gut gemachte Friseurwebseite kann schnell einmal 5.000-10.000 Aufrufe im Monat erzielen. Und auch wenn es unrealistisch ist, dass man von jedem Besucher abgemahnt wird, rechtlich gesehen wäre es wohl denkbar, zumindest besteht der Anspruch.
Wie kann man sich bzw. das Unternehmen vor Strafen schützen?
Eigentlich ist das Vorgehen, um bezüglich potenziellen Abmahnungen wieder ruhig zu schlafen, ganz einfach: Schritt 1: Prüfen, ob Google-Fonts rechtswidrig auf der Webseite eingebunden sind. Schritt 2: Die Google-Fonts von der Website entfernen oder sie rechtskonform einbinden. Das ist für eine Webagentur eigentlich eine Kleinigkeit. Jede Agentur sollte die entsprechende Anpassung innerhalb von einer Stunde umsetzen können. Bei uns würden sich die Kosten hierfür wohl auf rund 60 EUR zzgl. MwSt. belaufen. „Würde“, weil wir entsprechend bei der Erstellung der Webseiten schon auf eine lokale Einbindung der Google-Fonts achten und bei unseren Kunden diese Problematik gar nicht erst aufkommt und somit verbundene Kosten nicht anfallen.
Wie verhält es sich, wenn man bereits Post bekommen hat. Muss man eventuelle Ansprüche, die gestellt werden, bezahlen?
Es macht auf jeden Fall Sinn, jede Abmahnung und entsprechende Ansprüche daraus anwaltlich prüfen zu lassen. In vielen Fällen lässt sich wohl eine entsprechende Zahlung vermeiden. Häufig werden Verstöße nämlich nicht richtig dokumentiert. Es besteht aber in jedem Fall eine Nachweispflicht des Verstoßes.
Die Rechtssprechung gilt ja eigentlich nur für Deutschland, wie sieht es in der Schweiz aus? Was muss man hier beachten?
Leider handelt es sich hierbei unserer Meinung nach um einen Trugschluss. Die Google-Fonts- Problematik und entsprechende Rechtssprechung bezieht sich ja grundsätzlich auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union. Dementsprechend ist sicherlich für Deutschland und Österreich potenziell die Gefahr für Abmahnungen gegeben. Nach unserer Auffassung sind Schweizer Webseitenbetreiber allerdings nicht automatisch entlastet. Soweit unser Verständnis der DSGVO reicht, ist es einfach formuliert nämlich ausreichend, wenn ein Kunde aus dem EU-Raum eine Webseite besucht, unabhängig davon, wo der Betreiber der Webseite sitzt, damit die DSGVO greift. Dies gilt insbesondere, wenn ein Vertragsabschluss auch außerhalb der Schweizergrenzen im EURaum möglich ist, beispielsweise durch eine Terminbuchung. Damit ist jede Schweizer Webseite, die nicht für Zugriffe aus der EU gesperrt ist, also potenziell ebenso gefährdet. Das ist der Grund, warum wir als Agentur für alle unsere in der Schweiz ansässigen Kunden nach den strengeren Vorgaben der DSGVO vorgehen und nicht ausschließlich nach Schweizer Datenschutzrecht. Zusätzlich lässt die Entwicklung des Schweizer Datenschutzrechts erahnen, dass die Rechtsgrundlage auch bei den Eidgenossen immer strenger reglementiert wird. Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit einer Abmahnung also in der Schweiz wohl geringer ausfällt, lohnt es sich, die entsprechend kleine Maßnahme, die nötig ist, um diese Problematik zu entschärfen, vorzunehmen. Hier halten wir es mit “Better safe than sorry” für unsere Kunden.
Vielen lieben Dank für das Interview!
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